Ein Land wie ein Dorf – Leben in Laos

Reisplantage in Vang Vieng, Laos

 

Vientiane – Laos, ein beschauliches aber wunderschönes Land in Südostasien, liegt eingebettet zwischen Thailand, Vietnam, Kambodscha, Myanmar und China. Obwohl das Land politisch lange Zeit isoliert war, öffnet es sich zunehmend dem internationalen Tourismus und zeigt sich Besuchern von seiner besten Seite. Politisch ist Laos eine sozialistische Volksrepublik, und obwohl die Auswirkungen des kommunistischen Regimes und insbesondere des Nachbarn China spürbar sind, erlebe ich eine offene und feierfreudige Bevölkerung, die mich mit offenen Armen empfängt. Dieser Beitrag schildert die ersten Eindrücke nach drei Monaten in Laos.

Um Laos zu „verstehen“, muss man ein knappes halbes Jahrhundert zurückblicken: Laos war stark in den Vietnamkrieg verwickelt, obwohl es offiziell neutral blieb. Das Land diente als Hauptdurchgangsroute für den Ho-Chi-Minh-Pfad, über den Nordvietnam Truppen und Versorgungsgüter nach Südvietnam transportierte. Dies führte zu massiven Bombardierungen durch die USA, um den Nachschubweg zu unterbrechen. Laos wurde das am stärksten bombardierte Land pro Kopf in der Geschichte. Zwischen 1964 und 1973 wurden über zwei Millionen Tonnen Bomben über dem Land abgeworfen, das entspricht knapp einer Tonne pro Einwohner. Viele dieser Sprengsätze waren sogenannte Clusterbomben, von denen eine große Anzahl nicht explodierte und noch immer eine Bedrohung für die Bevölkerung darstellt. Schätzungsweise sind seit Kriegsende über 50.000 Menschen durch nicht explodierte Bomben verletzt worden oder ums Leben gekommen. Bauern und Kinder sind besonders gefährdet, da sie oft versehentlich auf die sogenannten UXOs (Unexploded Ordnances) stoßen.

Trotz noch immer großflächiger verminter Gebiete hat sich Laos gut von diesen Ereignissen erholt: Als einziges Land in Südostasien ohne direkten Zugang zu Meer, verzeichnet das Land seit Ende der Corona-Maßnahmen wieder ansteigende Besucherzahlen. Insbesondere Backpacker und Studierende stoppen auf ihren Reisen nach Thailand und Vietnam für einige Wochen, um Klima und Natur zu genießen und von günstigen Fortbewegungs- und Lebenshaltungskosten zu profitieren.

 


Aber wie sind Laoten? Auch wenn die Frage angesichts von über 50 verschiedenen ethnischen Gruppen schwer zu beantworten ist, gibt es einige Merkmale, die man mit der laotischen Kultur und Gesellschaft in Verbindung bringen kann:

Buddhismus: Der Buddhismus prägt die Kultur und das tägliche Leben, wenngleich diese Form der Religion in keiner weise belehrend ist. Tempelbesuche, Gebete, Rituale und Meditation gehören in den frühen Morgenstunden zum Alltag. Viele Buddhisten folgen moralischen Prinzipien – dabei sind Mitgefühl, Großzügigkeit, Toleranz und Achtsamkeit allesamt wichtige gesellschaftliche Bestandteile. Das zeigt sich unter anderem während einer Vielzahl von buddhistischen Festen im Laufe des Jahres, wie etwa „Boun Pi Mai“, dem laotischen Neujahrsfest, das im April gefeiert wird.

Naturverbundenheit: Dieser Umstand ist vermutlich auch der Tatsache geschuldet, dass ein überwiegender Großteil der Bevölkerung in ländlichen Gebieten lebt und eng mit der Landwirtschaft verbunden ist. Zudem spielt die spirituelle Verbindung zur Natur im Buddhismus eine maßgebliche Rolle, da Teile der Natur als heilig angesehen und Berge, Flüsse oder Bäume mit Geistern und Gottheiten in Verbindung gebracht werden. Als einziges Land in Südostasien besitzt Laos zwar keinen direkten Zugang zum Meer, dafür aber faszinierende Natur mit dichten Wäldern, Schutzgebieten, Flusssystemen und unzähligen Wasserfällen.

Gastfreundschaft: Auffallend ist die herzliche und höfliche Art, bei der Besucher mit offenen Armen empfangen und integriert werden. Dabei ist extrovertiertes Verhalten eigentlich eher unüblich. Nicht selten werden Gäste zu traditionellen laotischen Gerichten eingeladen und dazu ermutigt, so viel zu essen, wie sie möchten. Blumen, Obst und Süßigkeiten stellen dabei kleine Gesten der Dankbarkeit dar. Traditionelle Musik, Karaoke-Anlagen und das nationale Beer Lao sind bei solchen Veranstaltungen unverzichtbarer Bestandteil eines Abendprogramms.

Gelassenheit: People’s Democratic Republic oder auch „Please Don’t Rush“ – und auch hier gibt der Buddhismus den Ton vor. Die Lebensphilosophie des Buddhismus betont Gelassenheit, Akzeptanz und das Loslassen von weltlichen Anhaftungen – die Theorie sieht vor, dass Herausforderungen mit Ruhe, Ausgeglichenheit und einer gemächlichen Herangehensweise angegangen werden sollen. Das würde zumindest die eher flexible Auffassung von Pünktlichkeit und Zeitplänen erklären. Zugegebenermaßen: Das ruhige Tempo und streben nach innerem Frieden und Harmonie kann für Nicht-Laoten durchaus herausfordernd sein …

Familienorientierung: Auffallend ist die Bedeutung sozialer Bindungen. Laoten legen Wert auf zwischenmenschliche Beziehungen und verbringen gerne Zeit mit Familie und Freunden. Die Familie spielt eine zentrale Rolle, eng verbunden mit einer starken Betonung auf familiären Zusammenhalt, Respekt gegenüber Älteren und gegenseitiger Unterstützung. Familienmitglieder werden ermutigt, sich um ihre Eltern, Geschwister und Verwandten zu kümmern und ihnen Respekt und Unterstützung entgegenzubringen – diese Werte werden von Generation zu Generation weitergegeben.

 


Und das Leben in der Hauptstadt? Mein Einleben in Vientiane ist ausgesprochen angenehm und unkompliziert verlaufen. Die Stadt hat einen charmanten Vibe, der sich deutlich von den hektischen Nachbar-Metropolen Bangkok oder Hanoi unterscheidet. Die internationale Community besteht überwiegend aus Kurz- und Langzeitexperten, die von ihren Organisationen und Unternehmen für einen bestimmten Zeitraum nach Laos entsandt wurden. Vientiane ist überschaubar – möglicherweise nach ein oder zwei Jahren zu überschaubar – dennoch versprüht die Stadt als Wohnort auf Zeit und Ausgangsziel für Reisen durchaus Charme.

Westliche Fastfood-Unternehmen wie McDonalds, Burger King oder Dominos betreiben bisher keine Restaurants in Laos, das ist angesichts der bunten und gesunden laotischen und asiatischen Küche auch gar nicht notwendig. Gemütliche Cafes gibt es hingegen wie Sand am Meer – den laotischen Kaffee schätze ich besonders! Die Höhenlage und die fruchtbaren Böden in den Bergregionen schaffen ideale Bedingungen für den Anbau von hochwertigem Kaffee. Viele Bauern greifen auf traditionelle Anbaumethoden zurück, und verzichten dabei auf den Einsatz von Chemikalien. Durch die kurzen Wege und direkten Handelsbeziehungen sind die Preise für die laotischen Bauern häufig gerechter als auf dem Weltmarkt.

Die kürzlich eröffnete Eisenbahnverbindung der Lao-China-Railway Corporation ist Teil der umfangreichen Seidenstraße-Initiative Chinas, die darauf abzielt, den Handel und die wirtschaftliche Zusammenarbeit in Südostasien zu fördern. Trotz aller Vor- und Nachteile und politischer Abhängigkeiten, die durch solche Infrastrukturprojekte entstehen, kann das nördlich von Vientiane gelegene Luang Prabang statt in zehn nun in zwei Stunden erreicht werden. Für den Tourismus-Sektor ergeben sich dadurch ganz neue Möglichkeiten. Luang Prabang gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und ist wegen seiner besonderen Mischung aus Natur, Kultur und historischem Erbe bei Touristen beliebt.

Anlässlich des laotischen Neujahrsfestes besuchen wir an einem heißen April-Wochenende die durch den französischen Kolonialismus geprägte Stadt am Mekong Fluss. Die Bedeutung dieses mehrwöchentlichen Festes, das Laoten traditionell mit ihren Familien feiern, lässt sich mit Worten nicht so einfach beschreiben. Der Großteil des Landes – abgesehen von der „kritischen“ Infrastruktur – hat den Arbeitsbetrieb zu diesem Zeitpunkt bereits eingestellt. In Büro-Gebäuden, Parks und Garagen wird tagsüber gesungen und getanzt. Pi Mai wird mit ausgelassenen Wasserschlachten gefeiert. Menschen aller Altersgruppen bewaffnen sich mit Wasserpistolen, Eimern und Gartenschläuchen, um sich gegenseitig mit Wasser zu bespritzen – symbolisch soll damit das alte Jahr gereinigt und der Weg in ein neues, frisches Jahr geebnet werden. In diesem Sinne: Sok di pi mai lao – frohes neues Jahr 2566!

 


Über Kommentare, Anmerkungen und Tipps freue ich mich immer sehr, schickt daher gerne eine Email an info@globaltravelling.de.

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Eine Antwort

  1. Pear sagt:

    I am very impressed how you explained about the Laos country and culture so well. I’m looking forward to reading your next journey…

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